Aristo M 36

Aristo M 36

Aristo M 36

Die deutsche Firma Aristo war über 100 Jahre lang bekannt für ihre mathematisch-technischen Arbeitsmittel, allen voran Rechenschieber. Erst 1972 zwang das Aufkommen von elektronischen Taschenrechnern zu einem Strategiewechsel, da die Tage der Rechenschieber gezählt waren.

1972 wurde der erste Aristo-Taschenrechner veröffentlicht, und in den Folgejahren gelangten eine Vielzahl an Eigenentwicklungen auf den Markt, speziell auch an Schulen.

Obwohl, oder vielleicht auch weil die Rechner von sehr guter Qualität und damit leider auch recht teuer waren, konnte sich Aristo auf Dauer damit nicht auf den Markt behaupten, und schon 1979 kam das Ende für Aristo.

... mit Rauchglasabdeckung und Originalverpackung

... mit Rauchglasabdeckung und Originalverpackung

Das hier beschriebene Modell M 36, in der ersten Version, stammt von 1974, aus der Blütezeit der Aristo-Rechner. Es war nicht nur optisch ein Hingucker, der mit dem Prädikat “Die Gute Industrieform” ausgezeichnet wurde, sondern auch hervorragend verarbeitet und “Made in Germany”.

Ausstattung

Der Aristo M 36 war ein einfach zu bedienender, funktional überschaubarer Rechner, der qualitativ gut verarbeitet war.

Konstruktion und Gehäuse

Das (durch drei Batterien auch recht schwere) lange Gehäuse liegt ideal in der Hand und auf dem Tisch, nichts klappert oder wackelt, die helle LED-Anzeige ist hervorragend ablesbar und die Tastatur mit ihren leicht abgerundeten, farblich unterschiedlichen Tasten, die mit Doppelkontakten arbeiten, ließ sich weitestgehend fehlerfrei und sicher nutzen - so mancher Rechner, Markenware mit eingeschlossen, konnte sich hieran ein Beispiel nehmen.

Batteriefach

Batteriefach

Der M 36 wird mit drei Mignonzellen oder mit einem externen Netzteil betrieben. Zum Wechseln der Batterien ist leider ein Aufhebeln des Gehäuses mit einem Geldstück notwendig, was auf Dauer leider mehr oder weniger starke Spuren am Gehäuse hinterläßt. Auf wenn auf diese Weise die Gefahr, den Batteriefachdeckeln zu verlieren praktisch eliminiert wird, ist diese Konstruktion eher unglücklich gewählt und der einzige wirkliche Schwachpunkt dieses Rechners.

Im Inneren dieses Rechners befindet sich unter einer Metallabschirmung die Hauptplatine, die zur Stromversorgung über die beiden Batteriefächer Steckverbinder nutzt - ein kostspieliges Detail, das nur höchst selten zu finden ist.

Innenleben

Innenleben

Chipsatz

Als CPU fungiert eine Rockwell A 1241, als Treiber für die drei dreistelligen LED-Module drei ICs von ITT, zweimal ein ITT XK 1695A (36. KW 1974) und einmal ein ITT XK 1696 (34. KW 1974).

Aufbau

Der elektronische Aufbau ist für das Jahr 1974 eigentlich schon nicht mehr ganz zeitgemäß, sieht doch die Platine so aus, als ob sie noch händisch bestückt wurde. Optisch ist sie natürlich gerade deswegen ein Hochgenuß für jeden Elektronikliebhaber.

drei dreistellige LED-Module

drei dreistellige LED-Module

Display

Eher ungewöhnlich ist auch die LED-Anzeige: Im Gegensatz zu fertigen Displayzeilen wird hier das Display aus drei aneinandergereihten, dreistelligen LED-Modulen, vermutlich vom Typ Hewlett-Packard 5082-7433, zusammengesetzt. Zwischen den drei Modulen ist technisch bedingt ein kleiner Abstand, was man bei voller Nutzung des Displays auch erkennen kann:

Display in voller Nutzung

Display in voller Nutzung

Tastatur

Die Tastatur befindet sich auf der Rückseite der Platine und arbeitet mit doppelten Kontakten, was fast immer für prellfreie und zuverlässige Anschläge sorgt. Erst jetzt nach über 30 Jahren kommt es ab und an zu Kontaktungenauigkeiten, aber das ist bei praktisch allen Nicht-HP und Nicht-Casio-Rechnern der Fall, kommt also auch in den besten Familien vor.

Tastaturplatine

Tastaturplatine

Rechenleistung

Die Rechnenfunktionen des M 36 sind noch recht überschaubar, da er quasi das Einstiegsmodell der Rechnerserie war. Natürlich beherrscht er die vier Grundrechenarten, dazu noch Prozentrechnung, aber das war es dann auch schon.

Interessant ist die Art und Weise, wie Aristo die Memorylogik implementiert hat: Um eine Zahl in den Speicher zu schreiben, muß zuerst die Taste M, und dann + gedrückt werden. Ab jetzt wird der belegte Speicher durch einen Punkt an der linkesten Stelle gekennzeichnet. Jeder weitere M+-Vorgang addiert das Ergebnis zum Speicher, M und - subtrahiert. Der Speicherinhalt kann später durch M und = ausgelesen und durch M und C gelöscht werden.

Der M 36 besitzt auch eine Konstantenfunktion, die den zuerst eingegebenen Wert als Konstante nutzt. So ergibt beispielsweise die Eingabe 5 * 3 = den Wert 15; ein nachfolgendes 6 = dann den Wert 30, weil hier der Wert “6” mit der vorher als erste Zahl eingegebenen “5” multipliziert wird. Bei der Division funktioniert das ebenso. Als wirklich intuitiv kann man dies aber nicht bezeichnen.

Eine weitere Besonderheit ist die X<->Y-Taste, mit der die aktuell eingetastete Zahl mit dem letzten Rechenergebnis umgetauscht werden kann. Besonders ist die auch vor allem deswegen, weil diese Taste als einzige nicht auf der Anleitung auf der Rückseite des Rechners erklärt ist:

Anleitung auf der Rückseite

Anleitung auf der Rückseite

Bei der Anzeige der berechneten Ergebnisse besitzt der M 36 eine weitere Besonderheit: Über einen Schiebeschalter kann eingestellt werden, ob das Ergebnis mit zwei festen Nachkommastellen, oder im echten Fließkommaformat dargestellt wird:

zwei feste Nachkommastellen

zwei feste Nachkommastellen

echte Fließkommaanzeige

echte Fließkommaanzeige

Einen kleinen, aber eher akademischen “Fehler” kann man auch bei diesem Rechner finden: Die Rechner 1 + 0.000 ergibt “1.000” und nicht wie erwartet “1.", das heißt, in diesem Fall funktioniert das Abschneiden der Nachkomma-Nullstellen nicht - ein seinerzeit sehr gängiger Fehler, der aber in der Praxis keinerlei Relevanz hat.

0/0 wird korrekt mit einem Fehler ausgegeben, und ein Überlauf sieht am Display folgermaßen aus:

Überlauf / Fehler

Überlauf / Fehler

Fazit

Made in Germany - das stand einmal für echte Qualitätserzeugnisse. Nur leider hatte dieses Gütesiegel seinen Preis - im wahrsten Sinne des Wortes - und dieser war leider im Vergleich zur japanischen Konkurrenz zu hoch, so daß solche tollen Rechner nur für kurze Zeit den Markt bereichern durften. Gerade das macht diese Exemplare aber erst besonders sammelwert.

Technische Daten

Aufbau
Tastatur 20 Tasten
Display LED, 8+1 Digits
Anzeigebereich -99999999 ... 99999999
Stromversorgung Spannung: 3.6V
Batterien: 3xAA
Netzgerät: MN 1500
funktionale Ausstattung
Funktionen + - * / % M
Eingabelogik (Klassifizierung) ALT (CC)
Rechenergebnisse
Berechnung von "1 + 0.000" 1.000 (Richtig wäre: "1.")
Berechnung von "0/0" Fehleranzeige  
Objekt-Details
Baujahr 1974
Seriennummer 342