Privileg 861-M-NC

Privileg 861-M-NC = Litronix 1721R

Privileg 861-M-NC = Litronix 1721R

Der malaysische Elektronikhersteller Litronix produzierte in den 70er Jahren einige Taschenrechner, sowohl unter eigenem Namen, als auch als Lizenzprodukte, beispielsweise für den Quelle-Versand aus Fürth. Dort kamen diese Rechner unter dem Namen “Privileg” auf den Markt und wurden im berühmten Quelle-Katalog angepriesen.

Einer dieser Rechner ist der Privileg 861-M-NC, ein eher einfacher Rechner mit LED-Anzeige, Speicherfunktionen (daher das “M” im Namen) und internen NiCD-Akkus (daher das “NC” im Namen).

Konstruktion

Innenansicht

Innenansicht

Das Gehäuse dieses Rechners ist in Pultform aufgebaut, mit einer tief angebrachten, sehr gut zu bedienenden Tastatur, ähnlich wie bei HP, darüber dann die 9-stellige LED-Anzeige, sowie oben reichlich viel Platz für die drei internen Mignon-Akkus.

Die internen Akkus stellen leider eine Gefahr für viele alte Rechner dar, so auch für diesen, da sie bei der unvermeidlichen (Selbst-)entladung innerhalb weniger Monate anfangen, auszulaufen. Das Elektrolyt sorgt dann nicht nur für korrodierende Kontakte, sondern löst auch Leiterbahnen und Kabel auf. Aus diesem Grund müssen Rechner mit internen Akkus grundsätzlich alle paar Monate aufgeladen werden!

Rückseite

Rückseite

Tastatur

Die Tastatur arbeitet mit Scharnier-Tasten, die einen ordentlichen Druckpunkt besitzen und weitestgehend (im vorliegenden Exemplar alle Tasten bis auf die “1”) prellfrei funktionieren. Solche qualitativ hochwertigen Tasten ist man eigentlich nur von sehr teueren Rechner, beispielsweise von der HP-Spice-Serie gewöhnt, nicht jedoch von einem einfachen Kaufhausrechner. Kompliment an Litronix hier!

Der einzige Wehrmutstropfen an dieser Konstruktion ist, daß die Tastatur an das Gehäuse “geschweißt” ist. Um sie zu entfernen müssen die durch Hitzeeinwirkung breitgelaufenen Plastikhalterungen entfernt werden, was leider nicht rückstandsfrei vor sich gehen kann. Anschließend sollte im Idealfall die Tastatur wieder mit dem Gehäuse verschweißt werden, andernfalls gibt es am Oberrand der Tastatur einen kleinen Spalt, über den Staub in das Gehäuse eindringen kann.

Hauptplatine

Hauptplatine

Hauptplatine

Über die verbaute CPU, dieses (fast) 1-Chip-Rechners ist leider nichts herauszufinden, da die CPU keinen verwertbaren Code besitzt. Der zweite Chip, ein “LBC-1080”, ist in der Literatur unbekannt, möglicherweise beinhaltet den Tastaturtreiber dieses Rechners.

Display

LED-Modul

LED-Modul

Das für 1974 gerade topaktuelle LED-Modul, wurde vermutlich von Litronix selber gefertigt. Charakteristisch für derartige Module waren die zusammengesetzten Leuchtflächen jedes Segments, sowie die enorm vergrößernde Linse, die die eigentlich winzigen Segmente gut lesbar vergrößerten. Der Nachteil dieser Bauweise war, daß die Anzeige schon ab einem relativ geringem Winkel nicht mehr ablesbar war.

Detailansicht. Man beachte den Dezimalpunkt innerhalb der Ziffer!

Detailansicht. Man beachte den Dezimalpunkt innerhalb der Ziffer!

Bei diesem LED-Modul wurden bereits alle Anschlüsse auf die Platine gebondet, so daß nach außen nur noch eine handvoll mechanisch unkritischer Lötaugen herausgeführt werden mußten. Sollte jedoch auch nur ein einziges Segment an einer Stelle ausfallen, so hätte das gesamte Display ersetzt werden müssen, da diese Bauweise kein einzelnes Ersetzen mehr erlaubt. In der Praxis war das aber auch kein wirklicher Nachteil, so daß sich dieser Displaytyp als der typische LED-Display-Vertreter herauskristallisierte und jahrlang in allen möglichenn Taschenrechnern verbaut wurde.

Das einzige, was recht bald bei anderen Taschenrechnern geändert wurde, war die Position des Dezimalpunkts: Er wanderte von der Mitte der Ziffer an den rechten Rand und erlaubte damit die Einsparung einer ganzen Stelle.

Rechenleistung

Beim Einschalten dieses Rechners fallen dem Benutzer gleich einmal zwei Besonderheiten auf: Zum Einen gibt es keinen Einschalter, zum Anderen ist die Display-Darstellung anders, als gewohnt.

Der 861-M-NC wird nicht, wie die meisten anderen Rechner, über einen Schiebeschalter ein- und ausgeschaltet, sondern über zwei Tasten am linken oberen Rand des Tastenfeldes. Die linkeste Taste “C/On” dient hierbei zum Einschalten, bzw zum Zurücksetzen des Rechners, mit der Taste “Off” wird er dann ausgeschaltet. Diese Maßnahme war recht weitsichtig, denn bei vielen historischen Rechnern sind Wackelkontakte und abgegriffene Schalter an der Tagesordnung - beim Privileg nicht.

Die Displaydarstellung ist recht gewöhnungsbedürftig, da der Rechner standardmäßig mit zwei festen Nachkommastellen arbeitet. Nach dem Einschalten meldet er sich deswegen auch mit “0.00” anstatt mit “0.". Und um Strom zu sparen schaltet die Anzeige nach 30 Sekunden ohne Benutzereingabe in einen blinkenden Modus.

Display nach dem Einschalten

Display nach dem Einschalten

Die Regel, daß immer zwei Nachkommastellen angezeigt werden, gilt freilich nur beim Addieren und bei Rechnungen, deren Ergebnisse maximal zwei signifikante Nachkommastellen besitzen. In der Praxis also alles, was irgendwie mit finanziellen Berechnungen zu tun hat.

Von der sonstigen Rechnenleistung und Displayanzeige unterscheidet er sich kaum von anderen Rechnern: Wie üblich können die 8 Stellen ausgenutzt werden, die im Display vorhandene neunte Stelle wird entweder für den Dezimalpunkt (der eine ganze Stelle einnimmt), für das negative Vorzeichen (das bei einer siebenstelligen Zahl mit einer Nachkommastelle dafür sorgt, daß diese nicht mehr angezeigt wird), oder für die Überlaufsanzeige genutzt:

Überlaufsanzeige

Überlaufsanzeige

Bei Fehlern, beispielsweise bei der Division durch Null, werden sämtliche Displaystellen auf Null gesetzt:

Fehleranzeige

Fehleranzeige

Von der Rechnenleistung her ist der 861-M-NC ein absolut zeitgemäßer, einfacher Rechner, der nur die vier Grundrechnenarten und Prozentrechnung beherrscht, sowie einen recht fortschrittlichen Speicher, der mit den auch heute noch gebräuchlichen Tasten M+, M-, RM und CM arbeitet, besitzt. Und gäbe es nicht die Eingabekorrekturtaste ->, mit der die eingegebenen Zeichen Stück für Stück gelöscht werden können, würde man denken, man hätte einen Rechner aus dem Jahr 2000 vor sich - so zukunftsweisend war man damals…

Technische Daten

Aufbau
Tastatur 25 Tasten
Display LED, 9 Digits
Anzeigebereich -99999999 ... 99999999
Stromversorgung Spannung: 4V
Batterien: 3.6V NiCD intern
Netzgerät: 4V, innen -
funktionale Ausstattung
Funktionen + - * / % M
Eingabelogik (Klassifizierung) ALG (GBC)
Rechenergebnisse
Berechnung von "1 + 0.000" 1.000 (Richtig wäre: "1.")
Berechnung von "0/0" Fehleranzeige  
Objekt-Details
Baujahr ca. 1974 / 1975